Fazit aus der Regio Challenge

Die Kürbiszeit bricht an und das ist derzeit das regionale Produkt, welches viel Spielraum für verschiedenste Gerichte zulässt. (Foto: Jesco von Moorhausen)

Der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer hatte schon zu Lebzeiten gesagt: „Wir denken selten an das, was wir haben, aber immer an das, was uns fehlt.“ Wenn man allerdings anfängt auf einiges zu verzichten, sich nach neuen Spielregeln verhält, dann wird einem klar, dass das, was man hatte, doch sehr wichtig für das Leben war. Man nahm es nur für selbstverständlich an.

Sieben Tage habe ich mich mit meiner Familie der Regio Challenge hingegeben. Sieben Tage lang haben wir versucht uns nur von Produkten, die in einem Umkreis von 50 Kilometern hergestellt wurden, zu ernähren. Und sieben Tage lang haben wir gemerkt, dass das gar nicht geht. Ja, schon, wenn man tatsächlich sehr enthaltsam ist und auf Abwechslung keinen großen Wert legt, auch soziale Kontakte nicht sonderlich fördern möchte und Gefahr läuft, irgendwann als schrulliger Außenseiter zu gelten, dann ist das eventuell möglich. Doch allein die beiden Joker, die man für diese Challenge benutzen durfte, zeigten, dass einiges eben nicht geht. Meine waren Salz und schwarzer Tee. Zwar gibt es jemanden, der Salz aus der Nordsee extrahiert, doch wird es da schon mit den 50 Kilometern knapp. Beim schwarzen Tee sind wir ganz realistisch und sagen: Nein, das klappt nicht. Gleiches gilt auch für Kaffee. Ja, sogar Zucker wird schwierig, auch wenn der durch Honig ersetzt werden kann, aber bei Öl hört der Spaß auch schon wieder auf. Zwar gibt es auch hier einen regionalen Hersteller für Leinöl, aber seine Zutaten sprengen den 50 Kilometerrahmen genauso wie das Getreide für das Mehl direkt von der Windmühle.

Doch darum geht es gar nicht bei der Regio Challenge des Ernährungsrates Oldenburg. Irgendwelche Regeln müssen natürlich her, sonst kann man die Notwendigkeit der Handlungen nicht verstehen. Was man aber selbst daraus in dieser Woche macht, ist jedem selbst überlassen und zieht auch keine Konsequenzen mit sich. Es geht vielmehr darum, dass man sich mit seiner Ernährung auseinandersetzt, dass man versteht, dass einige Produkte wirklich Luxus sind, dass andere Nahrungsmittel nun mal jahreszeitenabhängig und auch wenn immer verfügbar dennoch nicht notwendig sind. Niemand benötigt im Winter Heidelbeeren aus Peru, es sei denn, ich habe gerade Lust darauf. Aber sind der Verzicht und die Freude auf die heimische Blaubeerzeit nicht viel schöner?

Doch der Ernährungsrat Oldenburg möchte mit seiner Aktion noch mehr erreichen. Er weckt bei den rund 50 Teilnehmern, wovon leider nur sechs bereit waren, sich öffentlich über einen eMail-Verteiler auszutauschen, eine Art Wettkampfgeist. Wo bekomme ich was? Das ist spannend und sorgt dafür, dass man seine Umgebung genauer betrachtet. Plötzlich tauchen kleine Hofläden mit großartigen Produkten auf, die man vorher nie wahrgenommen hat. Bei einigen werde ich auch nach der Challenge bleiben, andere hingegen nicht, da sie mich dann doch nicht so sehr überzeugt haben. Ja, darum geht es – sich kritisch mit seinem Essen auseinanderzusetzen. Dabei kommt es gar nicht immer auf das Biolabel an. Es gibt einige Anbieter, kleine versteckte Betriebe, die fast alles selbst herstellen, denen das Tragen des Biolabels aber einfach zu teuer ist. Trotzdem produzieren sie nach diesen Kriterien.

Ein ganz wesentlicher Aspekt, der mir bei der Regio Challenge aufgefallen ist, war der immense Verbrauch von Benzin. Ständig musste ich mit dem Auto recht weite Strecken fahren, um an meine Produkte heran zu kommen. Das ist natürlich nicht sinnvoll, aber in den sieben Tagen notwendig, um das zu verstehen, was mit der Regio Challenge erreicht werden soll. Am Ende stehe ich nun da und bin froh, dass ich mir die Zeit genommen habe, mich daran zu beteiligen. Ich habe, auch wenn ich mich vorher wirklich schon gut ernährt habe, dennoch etwas dazu gelernt. Sicherlich werde ich weiter meinen Cider aus Irland trinken, auch werde ich Olivenöl aus Italien benutzen und vor dem Fernseher Schokolade in mich hinein schieben, aber unter anderem werde ich beim Mehl aus der Windmühle bleiben. Weil es regional ist? Vielleicht auch deswegen, aber vor allem, weil es besser ist, als das, was ich sonst in den Läden bekomme. Denn Verzicht ist für einige Zeit sicherlich gut, um schätzen zu lernen, was man haben kann, aber wenn die Möglichkeit besteht, etwas wieder zu bekommen oder sogar durch etwas Besseres zu ersetzen, dann sollte man das als kulinarisch genießende Person ruhig tun.